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Nussknacker Schwarzbart

 

NussknackerSeit Bärchen letztes Jahr aus seiner alten Truhe auf dem Dachboden in Tommis Kinderzimmer zog, geht es ihm gut. Er ist sehr glücklich und beide haben schon manche Nacht von neuen Abenteuern geträumt. Bald wird es wieder Weihnachten. Sie freuen sich schon auf den Weihnachtsmann. Heute ist bereits der vierte Advent. Hoffentlich bringt der Weihnachtsmann viele Geschenke und Väterchen Frost soll sein Füllhorn mit viel Schnee ausschütten.

"Komm Bärchen, lass uns noch vor dem Mittagessen auf den Dachboden gehen, Lichterketten, Kugeln, Zapfen und die bunten Girlanden holen", ruft Tommi. Bärchen macht einen Luftsprung. Sein Lieblingsspielplatz ist ja immer noch der Dachboden. Obwohl er schon in so vielen Ecken gestöbert hat, scheint ihm , er hat immer noch nicht alles entdeckt.

Wenn er allein ist und in Ruhe in jede Schachtel, jede Tüte schauen kann, was sich dort wohl verborgen hält, ist er besonders glücklich. Für so eine interessante Beschäftigung ist heute sowieso das rechte Wetter. Denn wütend peitscht der Sturm die letzten Blätter von den Bäumen und Regen prasselt auf das Schuppendach.

Tommi nimmt Bärchen auf den Arm und beide gehen mit der Lampe auf den Dachboden. Seit Monaten waren sie nicht mehr hier und so sieht es auch aus. Ein heilloses Durcheinander. Tommi glaubt zwar, sich zu erinnern, die Kartons richtig ordentlich hingestellt zu haben, aber jetzt ist es nicht mehr so. Wer hat da schon wieder alles durcheinander gebracht? Vorn liegen ja bereits die bunten Kugeln und Lichterketten. Deshalb stellt Tommi gleich alles neben die Tür. Als er sich umdreht, sieht er neben der großen alten Truhe, eingehüllt in Spinnweben einen alten Koffer. Wahrscheinlich hat dort eine Weile Niemand mehr hineingeschaut. Auch Bärchen sieht ihn. "Na, zeig mal, was ist denn da drin? Oh", ruft es aus, "ein Nussknacker, den kenne ich noch nicht". Tommi meint, er hätte ihn auch noch nie gesehen. Bärchen nimmt ihn aus dem Koffer und schaut ihn an. "Warum bist du denn so traurig, dein Bart ist ja ganz zerdrückt", sagt er zum Nussknacker, aber eine Antwort erhält er nicht.

Tommi geht ins Zimmer zurück, doch Bärchen bleibt noch. Jetzt, wo Bärchen allein ist, wird es erst richtig spannend für ihn, denn nur er versteht die Sprache der Tiere und der Nussknacker. Liebevoll streichelt jetzt Bärchen dem Nussknacker den Kopf. Da öffnet er ein Auge, eine Weile später das nächste, niest einmal, fängt an zu lächeln und spricht zu ihm: "Bärchen, siehst du dort diesen kleinen, reich verzierten , geschnitzten Wagen? Darin haben meine Kinder geschlafen. Als wir letztes Jahr nach Weihnachten in diesen Koffer gelegt wurden, überkam mich eine solche Müdigkeit, dass ich sehr lange schlief. Später erwachte ich , aber meine Kinder waren fort. Ja, wo sind sie nur jetzt?". Eine kleine Träne des Mitleides läuft Bärchen die Wange herunter. Eng schmiegt sich nun der Nussknacker an Bärchens Schulter und sagt: "Vielleicht sind sie über die Hügel und Felder , durch die Flüsse und Moore gewandert, um wieder ins Tal des ewigen Eises zu gelangen". Mit großen glänzenden Augen fragt Bärchen, wo denn das Tal des ewigen Eises und der dunklen Wälder sei. "Ja, so leicht ist es nicht zu finden, liebes Bärchen", meint der Nussknacker und klappert kurz mit seinem Nussknackermund. "Man muss schon sehr weit wandern und sicher lauert so manche Gefahr unterwegs. Hinter den Hügeln des Dorfes kann man nur an drei Tagen im Jahr, wenn der Weihnachtsstern am Himmel erscheint, auf seinem Silberstreif dorthin gelangen. Schafft man es nicht in den drei Tagen zurück, ist es zu spät und es gibt keine Rückkehr. Auch jenes Wolkenpferd muss man treffen, denn ohne ihn kann man die großen Moore nicht überqueren. Man ist erst in Sicherheit, wenn man die alte Blockhütte mit dem uralten Mann gefunden hat. Er hat ein großes wärmendes Feuer und zu essen. Ich denke, meine Kinder sind auch dort. Wollen wir uns auf die Reise machen, kommst du mit?" "Oh, ja", ruft Bärchen begeistert und holt schon seinen wärmenden Schal und die Mütze mit dem großen Bommel hervor. "Halt, halt", ruft Schwarzbart. So nennt Bärchen seinen neuen Freund, den Nussknacker seit kurzem. "Noch ist es nicht soweit, warte noch, bis der Weihnachtsstern leuchtet".

Bärchen streichelt seinen neuen Freund und krabbelt wieder nach unten in Tommis Zimmer. "Bald wird der Weihnachtsstern am Himmel erscheinen , dann geht die Reise los", denkt Bärchen noch und schläft ein.

Nach ein paar Tagen, als draußen der große Vollmond wie eine orangerote Apfelsine am Himmel erscheint, sieht Bärchen ganz verschwommen einen Stern. Doch als sich eine Schneewolke über den Mond schiebt, sieht er es ganz genau. Der Weihnachtsstern ist da! "Schwarzbart komm, es ist soweit".

Gleißendes Licht und ein Silberstreif kitzelt Bärchens Füße. "Auf denn, lass uns gehen", sagt Nussknacker Schwarzbart, und sie betreten den Silberstreif. Immer höher wandern sie und schauen auf die immer kleiner werdenden Lichter des Dorfes zurück. Wabernd erscheint eine große leuchtende Schneewolke vor ihnen. Rosa und bläulich schimmernd und in ihr wartet schon das Wolkenpferd mit seinem großen Wagen auf sie. "Kommt schnell, bevor der Stern verblasst, sonst gibt es keine Rückkehr mehr", sagt es. Eingehüllt in Nebelschwaden saust das Wolkenpferd mit seinem glänzenden Wagen durch die Luft. Bald schon erscheinen die Hügel, der dunkle Wald und dünn ringelt sich eine weiße Rauchfahne in die klirrend kalte Winternacht. "Schaut nur, wir haben es geschafft", ruft erleichtert Nussknacker Schwarzbart.

Rußgeschwärzt, ganz klein, wie angeklebt an den Felsen erscheint eine Blockhütte. Schüchtern klopfen Nussknacker Schwarzbart und Bärchen an die Tür und ihre Herzen klopfen ganz laut. Ein alter Mann, klein, mit tiefen Falten im Gesicht öffnet ihnen. Seine hellblauen Augen jedoch strahlen sie an und augenzwinkernd spricht er: "Ich wusste, dass ihr kommt". Er nimmt Bärchen und Nussknacker Schwarzbart herzlich in den Arm und fährt fort, "Gestern war der Weihnachtsmann hier, um wieder Figuren für die Kinder der Welt zu holen. Ich habe ihm gesagt, dass ihr noch kommt, denn schaut mal, wer hier ist".

Und wahrhaftig, aus der Ecke kommen drei kleine Nussknacker hervor und Vater Nussknacker umarmt seine Kinder froh und erleichtert. Ihr müsst schnell wieder heim, sagt der alte Mann und klingelt mit einer silbernen Glocke das Wolkenpferd mit seinem Wagen heran. "Heute ist ja schon der Weihnachtsabend und wir wollen rechtzeitig zurück sein", ruft Bärchen nun auch.

Schnell wie der Wind saust der Wolkenwagen mit unseren Freunden dahin und bald sind wieder die Lichter des Dorfes zu sehen. "Viel Glück noch", ruft das Wolkenpferd. Schon ist es verschwunden. Auf den letzten Strahlen des Silberstreifs erreichen unsere Abenteurer wieder das heimatliche Dorf. Leise schleichen sie sich auf den Dachboden und müssen erst einmal verschnaufen.

Bald darauf hören sie von draußen einen Schlitten vorfahren mit lieblichem Glockengeläut. Laut poltert Tommi die Treppe hinauf. "Na endlich, Bärchen, wo wart ihr denn, ich suche euch schon solange", und er sagt noch, " komm nur lieber Nussknacker, du bekommst jetzt viel Arbeit. Die Kinder aus dem Dorf sind da und der Weihnachtsmann hat einen ganzen Sack Nüsse mitgebracht".

Bärchen, Nussknacker Schwarzbart und seine drei Kinder schauen sich an , lachen laut und gehen nun nach unten ins Weihnachtszimmer. Als sie dort ankommen, fragt Tommi, "wo kommen denn diese niedlichen kleinen Nussknacker her?" Bärchen meint schelmisch lächelnd zum Nussknacker Schwarzbart. "Wollen wir unser Abenteuer beim Nüsse knacken erzählen?"

 

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